Die Landwirtschaft ist für unser Wohlergehen überlebenswichtig, gleichzeitig trägt sie beachtlich zu Treibhausgasausstoß, Biodiversitätsverlust und Bodenzerstörung bei. Länder setzen daher auf verschiedenste Politiken – von Regulierungen bis zu Zahlungen für Agrarumweltdienstleistungen, um die Landwirtschaft nachhaltig zu gestalten. Jedes Jahr kommen weltweit neue Gesetze hinzu; andere werden abgeschafft. Den Überblick zu behalten ist so schwierig. Für Forschende und Politikentscheider gleichermaßen ein Problem: Wie sollen sie Vergleiche anstellen, wie eruieren, welche Maßnahmen unter welchen Bedingungen funktionieren? Prof. Dr. David Wuepper vom Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn hat mit Kolleginnen und Kollegen der ETH Zürich nun eine umfassende, leicht zu nutzende Datenbank erstellt, die 6124 Politiken aus über 200 Ländern enthält, die zwischen den Jahren 1960 und 2022 eingeführt wurden.
Das Team konzentrierte sich dabei auf Maßnahmen, die bestimmte Kriterien erfüllen: „Zuallererst muss die Maßnahme relevant mit der Landwirtschaft verbunden sein – wie zum Beispiel Landnutzung, Stickstoffdünger und Pestizide. Aber auch Waldschutz ist enthalten, da dieser in vielen Ländern mit der Agrarwirtschaft verbunden ist“, erklärt Wuepper, der auch Mitglied im Exzellenzcluster PhenoRob der Universität Bonn ist. Des Weiteren müssen die Maßnahmen auf nationaler Ebene relevant sein, dürfen also zum Beispiel nicht zu lokal-fokussiert sein. Die Datenbank kann dabei jederzeit um weitere Themenfelder erweitert werden. „Wir haben sie extra modular aufgebaut, um sie stetig ausbauen zu können.“
Alte Frage trifft auf neue Daten
Mithilfe der Datenbank haben Wuepper und seine Co-Autoren direkt eine alte, heiß diskutierte Frage neu beleuchtet: Wie hängt die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes mit der Einführung von Agrar-Umwelt-Politiken zusammen? „Man kann vermuten, dass Länder mit höherem Einkommen mehr umweltfreundliche Maßnahmen implementieren, weil die Umwelt politisch relativ wichtiger wird“, führt Wuepper aus. Mithilfe seiner Datenbank konnte Wuepper dies nun bestätigen. „Wir konnten zeigen, dass reichere Länder in der Regel tatsächlich mehr Maßnahmen einführen.“ Aber auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. „Dieser Trend gilt nicht für alle Länder. Die Länder des Nahen Ostens, die durch Öl reich geworden sind, beispielsweise, haben relativ wenige Agrar-Umweltpolitiken für ihr Einkommenslevel. Das zeigt, dass sich Länder aktiv bemühen müssen, nachhaltige Politiken umzusetzen und dies nicht automatisch passiert.“ Was die Politiken dann wirklich erreichen, ist allerdings eine zweite Frage. „Aber auch dies kann – und sollte – mit der Datenbank untersucht werden“, sagt Wuepper. Eine erste solche Analyse ist schon im Artikel enthalten.
Nationale Politiken reduzieren das Problem der Bodenerosion
Die Datenbank half Wuepper eine Frage zu beantworten, die ihn schon länger umtrieb: In einer vorausgegangenen Forschungsarbeit an der ETH Zürich [https://www.nature.com/articles/s41893-019-0438-4] hatte er untersucht, wie groß der Einfluss von Ländern auf die Bodenerosion ist. „Der Vergleich von Bodenerosion an Ländergrenzen hat gezeigt, dass Länder einen großen Einfluss haben“, sagt Wuepper. „Wir konnten damals zeigen, dass es mit der Landwirtschaft in den einzelnen Ländern zusammenhängt – und hatten auch die Idee, dass nationale Politiken Einfluss darauf haben können. Wir konnten dies aber nicht untersuchen, weil uns global vergleichbare Daten zu den relevanten Politiken der Länder fehlten.“ Mit der neuen Politik-Datenbank konnten die Forscher nun untersuchen, in wieweit der große Einfluss der Länder auf die globale Bodenerosion durch ihre Politiken zu erklären ist. Das Ergebnis: Nationale Boden-Politiken machen mindestens 43 Prozent des Einflusses eines Landes auf die Bodenerosion aus.
Die Datenbank ist öffentlich zugänglich unter: https://zenodo.org/records/10842614
... zur Pressemitteilung der Uni Bonn:
www.sciencedaily.com | 22.03.2024