Weltweit leiden fast 150 Millionen Kinder im Alter von bis zu fünf Jahren unter gravierenden Wachstums- und Entwicklungsstörungen. In der Wissenschaft spricht man auch von „Stunting“. Ursache ist eine unzureichende Zufuhr lebenswichtiger Nährstoffe. Neben Kleinwuchs geht Stunting auch mit einer Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung und einer erhöhten Kindersterblichkeit einher.
Studien zeigen, dass der Konsum von Milchprodukten, Eiern, Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln das Risiko dieser Entwicklungsdefizite reduziert. „In Afrika gab es für diesen Zusammenhang bislang aber keine verlässlichen wissenschaftlichen Belege“, erklärt Dr. Makaiko Khonje von CABI’s regionalem Zentrum für Afrika in Nairobi (Kenia).
Die aktuelle Analyse ändert das. Darin hat Khonje zusammen mit Prof. Dr. Matin Qaim vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn Daten aus fünf afrikanischen Ländern ausgewertet. Sie stammen aus repräsentativen Erhebungen in Äthiopien, Malawi, Nigeria, Tansania und Uganda. Mehr als 32.000 Beobachtungen von Kindern im Alter von bis zu fünf Jahren waren darin eingeschlossen. Viele der Jungen und Mädchen waren im Laufe der Jahre mehrfach untersucht worden.
Tierische Produkte senken das Stunting-Risiko deutlich
Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Wenn Mädchen oder Jungen zumindest hin und wieder tierische Produkte zu sich nahmen, reduzierte sich ihr Stunting-Risiko um fast sieben Prozent. Den größten Effekt hatte der Verzehr von Eiern, gefolgt von Milchprodukten und Fisch. Für Fleisch waren die Entwicklungseffekte in einigen Ländern positiv, in anderen Ländern nicht. Bei den statistischen Analysen wurde der Einfluss anderer Faktoren wie des Familieneinkommens oder der Ausbildung der Eltern, herausgerechnet.
Auch Obst, Hülsenfrüchte und Gemüse sind der Studie zufolge gut für Wachstum und Entwicklung. „Die positiven Effekte einer rein pflanzenbasierten Ernährung waren aber geringer, als wenn auch tierische Produkte auf dem Speiseplan standen“, sagt Khonje. „Pflanzliche Kost ist zudem gerade in ländlichen Gebieten oft nicht das ganze Jahr über in ausreichender Menge verfügbar. Unsere Ergebnisse deuten daher darauf hin, dass gerade für ärmere Familien der Zugang zu tierischen Lebensmitteln verbessert werden sollte, um Mangelernährung zu bekämpfen.“
Ergebnisse nicht auf reiche Länder übertragbar
Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung ist ein Treiber der Erderwärmung. Bei ihr entstehen deutlich mehr Treibhausgase als beim Anbau von Getreide, Obst oder Gemüse. „Die Klimaziele lassen sich daher nur erreichen, wenn wir den Verzehr von Tierprodukten weltweit deutlich reduzieren“, betont Matin Qaim, der auch Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Nachhaltige Zukunft“ und im Exzellenzcluster „PhenoRob“ ist.
Allerdings müsse man bei diesem Ziel differenzieren: „Menschen in Europa oder Nordamerika konsumieren im Schnitt viermal so viel Milch und Fleisch wie Menschen in Afrika. In den einkommensstarken Ländern ist es daher auf jeden Fall sinnvoll, sich beim Konsum tierischer Lebensmittel einzuschränken“, sagt Qaim. „Bei den ärmeren Bevölkerungsschichten auf dem afrikanischen Kontinent würde ein solcher Schritt aber die Mangelernährung bei Kindern weiter verschärfen.“ Auch auf Länder wie Deutschland lassen sich die Ergebnisse der Studie nicht übertragen: Hierzulande liegt der Konsum von Tierprodukten im Schnitt deutlich höher als für eine gesunde Ernährung empfehlenswert ist.
Die Publikation ist Teil einer PNAS-Sonderausgabe, in der es um die Nachhaltigkeit tierischer Lebensmittel und um ihren Ersatz durch pflanzliche Alternativen geht. Prof. Qaim, „Schlegel Chair“ an der Universität Bonn, ist einer der federführenden Wissenschaftler hinter diesem „Special Feature“.
... Pressemitteilung der Universität Bonn:
www.uni-bonn.de | 03.12.2024
www.sciencedaily.com | 02.12.20242 [EN]
www.news-medical.net | 02.12.20242